Regen! Jetzt setzen alle auf Brembo Bremsscheiben aus Carbon. Was hat sich geändert?

02.11.2017

 Bisher wurde Carbon bei Regen von der Piste verbannt, da es zu wenig wirksam war. In Japan aber wurde es nun von den besten neun Fahrern der Wertung verwendet – mit optimalen Ergebnissen.

"There is no challenge More challenging Than the challenge To improve yourself"         
(Michael F. Staley) "

 

" Einer, keiner, hunderttausend.

Der Titel des bekannten Romans von Luigi Pirandello passt perfekt, um zu beschreiben, was gerade in der MotoGP abläuft.

Am Sonntag, den 15. Oktober 2017, wurde der GP von Japan ausgetragen: Andrea Dovizioso überquerte als Erster die Ziellinie des MotoGP, exakt 249 Tausendstelsekunden vor Marc Marquez und 10‘‘557 vor Danilo Petrucci. Danach erreichten nacheinander Andrea Iannone, Alex Rins, Jorge Lorenzo, Aleix Espargaro, Johann Zarco und Maverick Viñales das Ziel.
Ein spektakuläres Rennen mit ständigen Überholmanövern unter den Führenden, obwohl der Regen den Fahrern während der gesamten 24 Runden keine Ruhe ließ. Tatsächlich regnete es von der Startampel bis zur Zielflagge 47 Minuten lang durchgehend. Auch die Lufttemperatur stieg nie über 14 Grad Celsius und die des Asphalts kam maximal auf 15 Grad.

Schwierige Bedingungen, die noch bis vor Kurzem für alle Fahrer eines bedeutet hätten: Stahlbremsscheiben. Diesmal setzten hingegen alle drei Fahrer, die aufs Podium kamen, Brembo Carbon-Bremsscheiben ein, so wie auch die nächsten sechs Fahrer, die direkt nach ihnen über die Ziellinie fuhren. Insgesamt hatten sich 13 der 15 Piloten, die in die Punktewertung gefahren sind, für Brembo Carbon-Bremsscheiben entschieden.

Mindestens eine Maschine pro Hersteller konnte das Rennen mit Brembo Carbon-Bremsscheiben unter den ersten 13 Positionen beenden: 3 Ducati, 3 Yamaha, 2 Honda, 2 Suzuki, 2 Aprilia und 1 KTM. Ein sensationelles Ergebnis, das zeigt, dass Brembo Carbon-Bremsscheiben unabhängig von den Eigenschaften der einzelnen Motorräder auch bei Regen gute Ergebnisse einfahren kann.


 
 

Dem Carbon-Material ist es zu verdanken, dass die Fahrer auf dem Twin Ring Motegi eine ganz ähnliche Fahrdynamik wie auf trockener Fahrbahn erreichen konnten. Stahl verschlechtert die Fahrdynamik des Motorrades hingegen, da das Material schwerer als Carbon ist. Leichtere ungefederte Massen wie die Brembo Carbon-Bremsscheiben beeinflussen die Federung des Fahrzeugs, da die Räder auf dem Asphalt besser haften. Dadurch erreicht man eine bessere Lenkbarkeit und die Möglichkeit, mehr Kraft in Richtung Boden abzugeben.

Tatsache ist, dass Carbon auch bei Regen bessere Ergebnisse erzielt, sowohl bei der Beschleunigung als auch bei Richtungswechseln. Verbesserungen, die zwar minimal erscheinen können, die aber zu besseren Rundenzeiten verhelfen.
Auch auf der regennassen Strecke konnte Dovizioso eine Rundenzeit von 1’56’’568 erreichen und war damit nur 11’’218 – also 10,6% - langsamer als der Rundenrekord während eines Rennens auf dieser Piste. Wer glaubt, dass das viel ist, sollte sich einmal eine Parallelaufzeichnung ansehen.

Possono sembrare tanti ma un parallelo vi convincerà del contrario.

Beim GP von Holland 2016, der großteils auf nassem Asphalt gefahren wurde – nur gegen Rennende hörte es zu regnen auf – fuhr Danilo Petrucci die schnellste Runde mit 1’48’’339. Das waren 14’’722 und damit 15,7% mehr als der dortige Rundenrekord. Petrucci fuhr damals, wie alle anderen Piloten, mit Stahlbremsscheiben.


 

​ 10,6% langsamer im ersten Fall, 15,7% im zweiten – die Zahlen sprechen für sich. Allerdings muss man dazu sagen, dass der Unterschied zwischen Carbon und Stahl nicht immer so offensichtlich ist. In jedem Fall bringen Carbon-Bremsscheiben, sobald sie ihre minimale Betriebstemperatur erreicht haben, bessere Bremswerte.

Um gute Reibwerte zu garantieren, muss das Carbon mindestens 250 Grad Celsius erreichen, und genau das war bis vor Kurzem das Problem bei Regen bzw. nasser Fahrbahn.

Im Laufe der letzten Jahre gab es einige wichtige Veränderungen: stärkere Motoren, optimierte Reifen und weiterentwickeltes Carbon-Material. Die Bremskraft der MotoGP-Bremsen konnte verstärkt werden, außerdem ist es heute möglich, die notwendige Betriebstemperatur schneller zu erreichen.

Einen wichtigen beitrag leisten dabei die carbonabdeckungen, die von den rennteams entwickelt wurden

Einen ersten Beweis dafür, dass die langsameren Ergebnisse von Carbon-Bremsscheiben bei Regen der Vergangenheit angehören, gab es beim GP von San Marino 2015: Als es zu regnen begann fuhren alle Fahrer in die Boxen, um ihr Motorrad zu wechseln (von Slick-Reifen auf eine Maschine mit Bremsen, die auf Regen eingestellt waren, also mit Stahl-Bremsscheiben). Nur einer blieb draußen, Bradley Smith vom Team Yamaha Tech 3. Obwohl die Temperaturen empfindlich abstürzten, zeigten seine Bremsen keinerlei Schwächen und der Brite konnte das Rennen als Zweiter beenden.

Seither hat Brembo viele Tests mit Carbon-Komponenten bei Regen durchgeführt. Natürlich obliegt es trotzdem immer dem Fahrer, die Bremsenlösung zu wählen, die ihm am meisten entgegenkommt. Beim GP von Malaysia 2016 kamen dann einige Piloten auf Brembo zu, weil sie die Carbon-Bremsscheiben testen wollten, in der Hoffnung, eine bessere Bremsleistung als mit den Stahl-Bremsscheiben zu erreichen.

Unter ihnen auch Marc Marquez, der in den Tagen zuvor die Vorteile einer 320mm-Carbon-Bremsscheibe von Brembo mit schmalem Bremsring erkannt hatte und diese auch während des Rennens ausnützen wollte, obwohl die Rennstrecke aufgrund eines Platzregens kurz vor dem Rennen komplett überschwemmt war.

 

 

​ An diesem Tag verlor der Spanier die Kontrolle und endete im Kies, aber ein paar Minuten zuvor hatte er die Bestzeit des Rennens gefahren. Marquez sprang wieder auf die Maschine und erreichte am Ende als 11. das Ziel. Nach dem Rennen werteten Brembo Techniker die Telemetrie aus und erhielten vom Piloten die Bestätigung, dass es keinerlei Probleme gegeben hatte.

Marquez war es auch, der am 10. September den GP von San Marino 2017 mit Brembo Carbon-Bremsscheiben gewann, obwohl während des Rennens Regen gefallen war. Auch an diesem Tag waren die beiden anderen Rennläufer auf dem Podium Petrucci und Dovizioso, allerdings hatten die beiden Ducati-Fahrer sich für Stahl-Bremsscheiben von Brembo entschieden.

Einen Monat später stellte sich die Situation schon ganz anders dar. Während der drei Renntage des GP von Japan, die sich durch häufige Regenfälle auszeichneten, hatten auch die größten Skeptiker genug Möglichkeiten auszutesten, wie gut die Brembo Carbon-Bremsscheiben funktionieren. Dass das Ergebnis wirklich so ausgezeichnet sein würde, war nicht vorherzusehen, da ja für jeden Fahrer seine Bremsanlage nach seinen persönlichen Vorstellungen und Bedürfnissen eingestellt werden muss, um ihm das richtige Feeling zu garantieren.

Mit Unterstützung der Techniker von Brembo, die erklären konnten, wie die Carbonscheiben bei Regen korrekt verwendet werden sollten, lernten die Fahrer die großen Vorteile kennen. 19 von ihnen entschieden daraufhin, sie auch beim Rennen einzusetzen. Sie tasteten sich mehr und mehr an die Grenzen heran und konnten ihre Leistungen von Runde zu Runde verbessern. Am Ende äußerten sich alle sehr zufrieden.


 

 

 

Innerhalb von einem Monat entwickelte sich die Siegesserie von Brembo Carbon-Bremsscheiben im MotoGP bei Regen von 0 auf 2 Siegen. Was aber viel mehr zählt, ist, dass eine bis vor Kurzem als unmöglich angesehene Lösung nun zum Standard in der Königsklasse zu werden scheint.
Noch dazu wo die “Oktoberrevolution” der MotoGP unter sehr viel schwierigeren Bedingungen stattfand als beim Rennen auf der Misano World Circuit Marco Simoncelli Rennstrecke, wo es in der zweiten Hälfte des Rennens zu regnen aufgehört hatte.

Damit Carbon optimal funktioniert, benötigt man sehr viel Erfahrung, vor allem weil die Betriebstemperatur in den ersten Runden noch zu niedrig ist. Aus diesem Grund müssen die Fahrer anfangs ein paar Meter früher auf die Bremse drücken, damit die Bremse sich erwärmt. Sobald 250 Grad Celsius erreicht werden, stabilisiert sich der Reibwert.

Im Unterschied dazu leidet Stahl bei hohen Temperaturen und es besteht die Gefahr, dass gegen Ende des Rennens die Bremsleistungen weniger konstant werden. Carbon hat auch auf nasser Fahrbahn keine Probleme mit Restmomenten, was hingegen bei Stahlscheiben schon der Fall sein kann.

 

 

Mit Carbon-Bremsscheiben ist das Lösen der Bremse abrupter, das garantiert den Fahrern, dass kein Widerstand entsteht. Mit anderen Worten dreht das Rad beim Bremsen mit Carbon-Bremsscheiben sofort nach der Bremsung wieder völlig frei, was der Lenkbarkeit zugutekommt.

Die 115km, die 19 Piloten – unter ihnen die ersten 9 in der Endwertung – zurücklegten, bedeuten einen kleinen Schritt für die MotoGP und einen großen in der Geschichte des Motorradsports. Denn die Entwicklung rund ums Carbon ist für Brembo damit noch lange nicht abgeschlossen.

In den nächsten Jahren wird es weitere Fortschritte, Neuentwicklungen und Verbesserungen im Bereich des Materials und der Technologien geben mit dem Ziel Carbon auch bei immer mehr Straßenmaschinen einzusetzen. Denn auch wenn wir 100% der Fahrer in der MotoGP beliefern, suchen wir trotzdem immer neue Herausforderungen. Die einzige Möglichkeit für uns, uns immer weiter zu entwickeln und zu verbessern.