Hier erklären wir 5 Mythen über die Bremsen in der NASCAR. Eines ist klar: es ist ganz anders als in der Formel 1.

22.01.2018

 Packende Kämpfe auf der Piste, Rennen, die bis zum Schluss spannend bleiben, Erfolgschancen auch für die Teams, die weniger Geld investieren, und Meisterschaften, die bis zum letzten Rennen ihre Spannung behalten.

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Das alles sieht man in den USA bei der NASCAR Cup Series, einer Meisterschaft, an der 40 Fahrer teilnehmen, die sich von Februar bis November in 36 Rennen in extrem schweren Fahrzeugen (ca. 1.540kg – dem Doppelten eines Formel 1-Fahrzeuges) messen. Die Rennwagen stammen von drei Herstellern, Chevrolet, Ford und Toyota.

​In der kürzlich zu Ende gegangenen Saison hat sich Martin Truex Jr. vom Team Furniture Row Racing den Sieg in der NASCAR Cup Series geholt. Er hat während der gesamten Saison Brembo Bremsanlagen verwendet​

​Das technische Reglement sieht, streng nach der Tradition, ein Rohrrahmenchassis mit Roll-Bar, einen V8 5.860ccm Motor, ein manuelles 4-Ganggetriebe, denselben Treibstoff und dieselben Reifen für alle, eine Länge und Breite von 5,3m bzw. 1,94m vor. Die Wagen sehen damit äußerlich nicht wesentlich anders aus, als die Exemplare, die in den 60-er Jahren in der NASCAR fuhren.

Ganz anders also als die Formel 1-Einsitzer oder die Fahrzeuge, die in den GT Meisterschaften im Rest der Welt fahren – von der DTM bis zu den Endurance Weltmeisterschaften (Fia WEC). Das bedeutet allerdings nicht, dass die Rennwagen der NASCAR Cup Series veraltet sind, denn in den Bereichen, wo das Reglement Änderungen zulässt, entwickeln die Teams und optimieren ihre Ergebnisse im Windkanal. Auf den ovalen Rennstrecken sind die Höchstgeschwindigkeiten entscheidend. ​

Wer die NASCAR Cup Series nicht kennt, wird überrascht sein, welch großes Augenmerk auf die Bremsanlagen gelegt wird, sowohl in der Entwicklungsphase als auch, wenn sie zum Einsatz kommen. Die NASCAR Cup Series 2017 konnte Martin Truex Jr. für sich entscheiden - mit Brembo Bremsen. Sein Toyota aus dem Team Furniture Row Racing wurde in den 36 Rennen mit unterschiedlichen Bremsscheiben, Sätteln und Belägen von Brembo ausgestattet, immer auf die jeweilige Rennstrecke abgestimmt. Aus diesem Grund möchten wir fünf Mythen rund um die Bremsen dieser Meisterschaft klarstellen.


 

 

 

1) Die Bremsen sind bei den Rennen im Oval nicht entscheidend? FALSCH

Jedes Jahr werden einige der Rennen auf Straßenstrecken ausgetragen: 2017 fuhren die Rennwagen der NASCAR Cup Series auf dem Sonoma Raceway (3,2 km Rennstrecke mit 10 Kurven) und auf dem Watkins Glen (5,4 km mit 11 Kurven). Auf diesen Strecken werden die Bremsen dazu benötigt, um die Geschwindigkeit vor dem Eintritt in die Kurven zu senken. Insgesamt werden die Bremsen durchschnittlich für 20-30 Sekunden pro Runde eingesetzt, was etwa 30% des Rennverlaufs entspricht.

 

 
 

2) Die Bremsen werden im Oval so gut wie gar nicht verwendet. FALSCH

In den mittellangen Ovalkursen, wie Talladega, Daytona und Indianapolis, verwenden die Piloten die Bremsen tatsächlich nur bei der Boxeneinfahrt oder, wenn die gelbe Flagge weht. In der NASCAR Cup Series gibt es aber auch kürzere Ovale, die als Short Track bezeichnet werden, mit Streckenlängen von 0,8km bis 1,6km. Bei diesen Rennen werden die Bremsen dafür eingesetzt, um den Autos beim Kurven zu helfen, und werden deshalb zwei Mal pro Runde für die Dauer der gesamten Kurve betätigt: bei diesen Rennen gehören die Bremsen zum Setup des Autos, die Piloten verwenden sie, um die ideale Bodenhaftung zu erreichen und zu behalten. In Martinsville zum Beispiel werden die Bremsen jeweils 6-7 Sekunden in beiden Kurven eingesetzt. Das bedeutet, dass die Fahrer auf dieser Rennstrecke die Bremsen länger verwenden als das Gaspedal. ​


 

3) Die Bremsanlagen sind auf allen NASCAR Rennstrecken dieselben so wie in der Formel 1. FALSCH

Im Unterschied zur Formel 1, wo während der gesamten Saison derselbe Bremssattel verwendet werden muss, ist es in der NASCAR Cup Series, dadurch dass es drei Typologien von Rennstrecken gibt, bei denen die Bremsen ganz unterschiedlich verwendet werden, notwendig, drei verschiedene Bremssättel einzusetzen. In den Super Speedway (4km Ovalkurse) werden die Bremsen nie verwendet, außer beim Einfahren in die Boxen oder bei gelber Flagge. In den Intermediate (1,6-4km Ovalkurse) werden die Bremsen relativ wenig eingesetzt, während sie bei den Short Track für die Dauer der gesamten Kurven betätigt werden. Daher verwendet man bei den Super Speedway sehr kleine Bremssättel, bei den Short Track die größten und bei den Intermediate einen Mittelweg. Auch die Bremsscheiben, die bei der Formel 1 immer dieselbe Größe haben und sich nur durch unterschiedliche Belüftungslöcher unterscheiden, ändern sich bei den NASCAR Rennen je nach Rennstrecke und zwar der Durchmesser und die Scheibenstärke der vorderen Bremsscheiben.

 

 
 

4) Die Bremsanlagen sind für alle Fahrer dieselben. FALSCH

Um die Temperaturentwicklung der Bremssättel und -scheiben unter Kontrolle zu halten, benötigt jedes Rennteam eine andere Belüftung, je nach den aerodynamischen Eigenschaften der einzelnen Fahrzeuge. Um jedem die geeignete Bremse bereitzustellen, entwickelt Brembo eigens auf jedes Team abgestimmte Belüftungskanäle der Bremsscheiben. Da aber auch Fahrer aus denselben Teams unterschiedliche Fahr- bzw. Bremsstile haben können (einer bremst wie bei den Einsitzern am Anfang der Bremsung stark und lässt dann nach, der andere macht es genau umgekehrt), kann es passieren, dass Teamkollegen mit verschiedenen Bremsscheiben bzw. Reibmaterialien an den Start gehen.


 

5) Die Bremsanlagen sind im Vergleich zu denen aus der F1, DTM oder GT Meisterschaften viel schwerer. FALSCH

Um Wagen, die mehr als eineinhalb Tonnen wiegen zu bremsen, erwartet man sich große Bremsanlagen. In Wirklichkeit ist der vordere 6-Kolben-Monoblock-Bremssattel von Brembo für die Short Track Rennen gerade einmal 2,8kg schwer und der 4-Kolben-Sattel vorne für die Super Speedway nicht mehr als 2,3kg. Anders sieht es da bei den Bremsscheiben aus, die aus Gusseisen sind und daher deutlich mehr wiegen als die Carbon-Bremsscheiben aus der Formel 1: bei den NASCAR-Rennen kommt eine Bremsscheibe mit 328mm Durchmesser und 42mm Scheibenstärke für die Short Track auf 10,5kg, während die weitaus leichtgewichtigere Bremsscheibe für die Super Speedway Bewerbe bei 328mm Durchmesser und 28mm Scheibenstärke nur auf 4,9kg kommt.​