Formel 1 2008 gegen Formel 1 2018

08.06.2018

 BREMSWEGE IN DER FORMEL 1 UM 22% KÜRZER, VERZÖGERUNG IN DEN LETZTEN 10 JAHREN UM 12% ANGESTIEGEN

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​Die enormen Fortschritte, die in der Formel 1 in den letzten zehn Jahren gemacht wurden, machen deutlich, dass es sich dabei tatsächlich um den technologisch am höchsten entwickelten Prüfstand handelt, und zwar nicht nur für die Ingenieure der Autohersteller, sondern auch für die Entwickler von Fahrzeugkomponenten wie Brembo.

In der Zeit von 2008 bis 2018 spielten die Bremssysteme in der Weiterentwicklung eine sehr wichtige Rolle und führten zu einer nie dagewesenen Leistungssteigerung. Die kontinuierlichen Verbesserungen führten aber auch dazu, dass die Piloten die Bremsen heute komplett anders als noch vor zehn Jahren betätigen.

Natürlich sind die Rennwagen heute generell sehr unterschiedlich zu denen aus dem Jahre 2008 und das veränderte Verhalten in den einzelnen Schritten einer Bremsung ist nicht allein auf die Entwicklung der Bremsanlagen zurückzuführen.

Die Fahrzeugeinstellung, aerodynamische Veränderungen und vor allem breitere Reifen (von einem anderen Reifenhersteller) spielen eine große Rolle dabei, dass die Performance der Bremse heute ganz anders ist.

Aber auch die Entwicklung der Brembo Bremssysteme hat in dieser Zeit Riesenfortschritte gemacht und um das zu veranschaulichen, vergleichen wir hier die Bremsdaten vom GP von Kanada 2008 mit denen von 2018.


 

BREMSWEG: -22%


Die größte Überraschung, die beim Vergleich dieser beiden GP herauskam, ist der Bremsweg, der um ganze 22,2% kürzer wurde: 2008 benötigten die Fahrer für eine Bremsung auf dem Circuit Gilles-Villeneuve durchschnittlich 113 Meter, dieses Jahr nur 88 Meter.
Natürlich sprechen wir von Durchschnittswerten, da die einzelnen Werte, auch wenn sie stark zurückgegangen sind, sehr variieren: an der vorletzten Kurve, die zur Mauer der Weltmeister führt, legten die Rennwagen dieses Jahr 98 Meter Bremsweg zurück, während es vor zehn Jahren an derselben Stelle 117 Meter waren.

BREMSDAUER: -15%


Auch beeindruckend, obwohl sie nicht ganz mit dem Bremsweg mithalten kann, ist die Verkürzung der Bremsdauer: von 2008 bis 2018 verringerte sich die Dauer der Bremsungen pro Runde in Montreal um einige Sekunden, in Prozent um 15,5%.
Das klingt vielleicht wenig, anhand eines Beispiels erkennt ihr aber die gigantische Entwicklung: vor zehn Jahren benutzten die Piloten in drei der Kurven die Bremse länger als zwei Sekunden und in einem Punkt sogar für mehr als drei Sekunden. Dieses Jahr ist der maximale Einsatz der Bremse 2,44 Sekunden in Kurve 10 und 2 Sekunden in der erwähnten Kurve 13.

 

 
 

PEDALLAST: +4%


Bremsweg und Bremsdauer konnten deshalb so entscheidend verbessert werden, weil die Kraft der Piloten auf die Pedale und die Potenz der Brembo Bremsanlage deutlich angestiegen sind.
2008 übten die Fahrer beim GP von Kanada durchschnittlich in jeder Kurve eine Kraft von 129 kg auf das Pedal aus, dieses Jahr hingegen liegt dieser Wert bei 134 kg: 4% Anstieg, die das Lenken für die Piloten aufwändiger machen.
Außer des höheren Kraftaufwandes der Fahrer ist auch die Potenz der Brembo Bremsanlage deutlich angestiegen: die Eigenschaften unserer Bremssättel aus Aluminium-Lithium haben sich zwischen 2008 und heute sehr stark weiterentwickelt.
Heutzutage zeichnen sich die Bremssättel durch eine höhere Komplexität der Geometrie aus, einerseits bedingt durch die ständige Suche nach der Optimierung des Verhältnisses Steifigkeit zu Gewicht, andererseits durch immer effizientere Formen, um die wichtige Abkühlung der Bremsanlage zu verbessern.


 

VERZÖGERUNG: +12%

Höhere Geschwindigkeiten, breitere Reifen (und damit die Möglichkeit, das Bremsmoment besser auf den Boden zu übertragen) und natürlich Brembo Bremsanlagen mit einer höheren Performance bringen mit sich, dass die Piloten einer weitaus stärkeren Verzögerung ausgesetzt sind als früher: 2008 war der durchschnittliche Höchstwert der Verzögerung pro Runde 4,2 G, 2018 ist er höher als 4,7 G: ein Anstieg um 11,9%.
In Kurve 8 des GP von Kanada erreicht die Verzögerung 4,9 G gegenüber 4,4 G, die die Fahrer 2008 erfuhren. Noch stärker ist die Veränderung, sowohl in absoluten Zahlen als auch prozentuell, in der ersten Kurve: von 3,7 G vor 10 Jahren auf 4,8 G dieses Jahr. Ähnliche Entwicklungen konnten wir schon auf den anderen Strecken feststellen, auf denen die ersten Rennen der Formel-1-Weltmeisterschaft 2018 ausgetragen wurden.
Noch deutlicher wird es in Monza zu erkennen sein, wo 2008 die maximale Verzögerung nie 5 G überstieg. Dieses Jahr hingegen wird sie nach den Berechnungen der Simulatoren bei keiner der Bremsungen unter 5,1 G sein und am Eingang zur Parabolica wohl weit über 6 G liegen.

 

 
 

BREMSSCHEIBEN: VON 200 auf 1.400 BOHRUNGEN (+600%)


Eine der Komponenten, bei der die Entwicklung auch deutlich und mit freiem Auge sichtbar ist, ist die Bremsscheibe. Im Laufe der letzten zehn Jahre schaffte es Brembo durch ständige Forschung und Entwicklung, die Anzahl der Bohrung nach und nach immer mehr zu erhöhen und dabei gleichzeitig ihren Durchmesser zu verringern: 2008, vor zehn Jahren, hatte eine Formel-1-Bremsscheibe etwa 200 Belüftungslöcher.
Nur vier Jahre später waren es schon drei Mal so viele, nämlich etwa 600 Bohrungen. Die Entwicklung stand aber nicht still und schon 2014 kamen die Bremsscheiben, die in den Formel-1-Wagen eingesetzt wurden, auf mehr als 1.000 Belüftungslöcher.
Die Vergrößerung der Oberfläche, die bei der Bremsscheibe zur Belüftung dient, ermöglicht eine bessere Wärmeabgabe, durch die die Betriebstemperatur niedriger gehalten werden kann. Die Carbon-Bremsscheiben in der Formel 1 erreichen kurzzeitig sogar Temperaturen von über 1.000 Grad in der Spitze.

Seit 2017 ist es durch die höhere Bremsscheibenstärke - von 28 auf 32 mm - möglich, den Platz für Belüftungslöcher noch mehr zu erhöhen, wodurch weitere Verbesserungen bei der Abkühlung der Bremsanlage möglich waren.
Heute kann jede Brembo Bremsscheibe in den extremsten Versionen auf fast 1.400 Belüftungslöcher kommen, etwa 100 mehr als 2017 auf den Bremsscheiben vorhanden waren.
Die Bohrungen werden heute in vier verschiedenen Reihen verteilt und haben einen Durchmesser von 2,5 mm, sie werden einzeln durch eine Hochpräzisionsmaschine bearbeitet: um die Bohrungen für eine einzige Bremsscheibe zu komplettieren braucht man 12 bis 14 Stunden.
Die Präzision ist dabei entscheidend: die Bearbeitungstoleranz ist nur 4 Hundertstel Millimeter.

 

 
 

BREMSBELÄGE: ENERGIEABGABE +10%


Auch die Bremsbeläge haben im letzten Jahrzehnt signifikante Veränderungen sowohl in den Dimensionen als auch in den Geometrien erfahren.

Die Gesamtfläche jedes Belags ist um etwas weniger als 2% gestiegen (von 4.000 mm auf 4.070 mm), aber sie sind jetzt auch länger als früher: 2008 waren die Abmessungen 106x25 mm, 2018 hingegen sind sie 185x22 mm.

Heutzutage müssen die Beläge sehr viel mehr Energie umwandeln: in Kanada erreichte die Temperatur vor zehn Jahren in Kurve 10 eine Spitze von 908°C, dieses Jahr wird sie in derselben Kurve höher als 1.000°C sein.

Um dies zu ermöglichen, wurde auch die Belagsform immer mehr optimiert: die Beläge haben mittlerweile Lochbilder, die sich individuell je nach den Anforderungen der einzelnen Teams unterscheiden.


 

BREMSSÄTTEL: GEWICHTSERSPARNIS +15%


Im Laufe der letzten zehn Jahre haben die Bremssättel unterschiedliche Entwicklungen durchgemacht: einerseits konnte die Sattelauswahl, nämlich welcher Sattel jeweils auf der Rennstrecke verwendet wird, vereinfacht werden, andererseits aber müssen die Sättel immer mehr auf die Bedürfnisse der einzelnen Rennställe abgestimmt werden.                                  
2008 gab es unterschiedliche Bremssättel, je nachdem auf welcher Rennstrecke gefahren wurde, immer wieder mit dem Problem, den richtigen Sattel für die Rennstrecke auszusuchen. Vor allem aber war es auch unmöglich, einen Sattel im Notfall schnell mit einem anderen – für eine andere Rennstrecke entwickelten – auszutauschen.
Seit einigen Jahren verwenden nun die einzelnen Rennställe nur noch einen Bremssatteltyp für alle Rennen im Laufe einer Saison. Parallel dazu wurde die Entwicklung auch hier immer komplexer. Heute ist es, anders als vor zehn Jahren, notwendig, in der Formel 1 stark personalisierte Bremsanlagen anbieten zu können, um den unterschiedlichen Entwicklungen der Rennwagen Rechnung zu tragen.

 
 

Jeder Rennstall, der von Brembo ausgestattet wird, erwartet immer mehr ein „maßgeschneidertes“ Bremssystem, das eng in das Design des Rennwagen integriert wird und das auch während der Rennsaison kontinuierlich weiterentwickelt wird.                          
Bei den Bremssätteln führt z.B. die perfekte Integration mit dem Kühlsystem des Corners (Lufteinlass, Trommel, Spoiler) und mit den aerodynamischen Lösungen, die von den einzelnen Teams entwickelt wurden, dazu, dass jede Komponente einzigartig sein muss.                                                                        
Außerdem entscheiden heutzutage auch die Rennfahrer selbst, je nach dem, was sie bevorzugen, die individuelle Kombination aus Steifigkeit und Gewicht.
Ci sono infatti team che prediligono pinze più leggere, perché hanno bisogno di abbassare il peso dell’auto, pur perdendo qualcosa in termini di rigidezza.                                    
Einige Teams legen mehr Wert auf leichte Sättel, weil sie das Gewicht des Rennwagens senken wollen, auch wenn darunter die Steifigkeit etwas leidet. Andere wiederum wählen einen Bremssattel mit mehr Steifigkeit und nehmen dabei in Kauf, dass sie dadurch auch mehr Masse haben. Insgesamt ist die Herstellung eines Bremssattels, obwohl gegenüber 2008 nur 15% Gewicht eingespart wird, heute deutlich komplexer als im Jahr 2008.


 

BRAKE BY WIRE


Zu guter Letzt eine weitere, sehr einschneidende Neuheit, die in den letzten zehn Jahren in der Formel 1 Einzug gehalten hat: Brake-by-Wire.

Die Notwendigkeit einer effizienten Verzögerung an der Hinterachse unter Berücksichtigung der Verzögerungsmomente des Elektroantriebs hat zur Einführung einer weiteren Innovation in der Saison 2014 geführt, der elektrischen Bremsanlagen - Brake By Wire (BBW).

Die hintere Bremsanlage wird im Normalfall nicht mehr direkt vom Fahrer betätigt, sondern von der Hochdruckhydraulikanlage im Fahrzeug (die auch das Getriebe oder die Servolenkung steuert). Dies erfolgt mithilfe der Kontrolle durch die elektronische Steuereinheit, die in jedem Moment den Beitrag der beiden MGU und die Bremsverteilung, die von den Piloten eingestellt wurde, mitberücksichtigt.

Die Energie, die auf der Hinterachse abgegeben werden muss, ist bei gleichbleibender Reibung, da sie teilweise von der MGU-K zurückgewonnen wird, zurückgegangen: dadurch kann man einen kleiner dimensionierten und leichteren Bremssattel einsetzen.

Aus diesem Grund stattet Brembo einige Teams, außer mit den traditionellen 6-Kolben-Anlagen – dem laut Reglement höchstzulässigen Wert – auch mit 4-Kolben-Sätteln aus, die auf der hinteren Achse eingesetzt werden können, vor allem als Antwort auf die gewünschten Gewichtseinsparungen.