Die Herausforderung an die Bremsen beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans

15.06.2016

 Erläuterung der Unterschiede bei den Brembo Bremsen der LMP1, LMP2 und GTE und der entsprechenden kritischen Punkte beim 24-Stunden-Rennen von LeMans

Nur mehr wenige Tage bis zum Rennen des Jahres, das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. In diesem Jahr werden ca. 60 Fahrzeuge in vier verschiedenen Klassen teilnehmen. Den absoluten Sieg werden vor allem die Prototypen LMP1 und LMP2 unter sich ausmachen. Eine Spur weniger leistungsstark aber deshalb nicht langsam sind die Grand Touring Endurance (GTE), die sportlichen Ausgaben der schnellsten Straßen-Supercars der Welt, die ihrerseits in die Klassen GTE-Pro und GTE-Am unterteilt sind.

Fahrzeuge, die sich untereinander und auch bei den verwendeten Brembo Bremsanlagen sehr unterscheiden. Betrachten wir die wichtigsten Unterschiede aus der Nähe.


 

Carbon-Scheiben für die Prototypen und Gussscheiben für die GTE

Die Bremsscheiben der Prototypen der beiden Kategorien (LMP1 und LMP2) sind aus demselben Material gefertigt, Carbon: das Material, das die Fähigkeit Wärme abzuleiten und leichtes Gewicht am besten kombiniert. Einer der Hauptunterschiede zwischen den Scheiben, die von den LMP1 und den LMP2 verwendet werden, ist die “Befestigungsart” der Scheibe an der Bremstopf. Während die LMP2 die billigeren Buchsen verwenden (die bis vor wenigen Jahren von den LMP1 verwendet wurden), verwenden die LMP1 fast alle das teurere “Spline”-Verbindungselement. Dabei handelt es sich um eine aus der Formel-1 abgewandelte Lösung, bei der ein Element aus Titan (Bremstopf), welches das Reibring mit der Nabe verbindet, eingesetzt wird. In den vergangenen Jahren war die Belüftung im Durchsatz am Eingang wegen der Sperre, die durch die Befestigungen des Reibring verursacht wurde, stark begrenzt, aber durch die Einführung des “Spline”, eine Art Zahnradgetriebe, wurde der Innenteil der Scheibe für den Luftstrom geöffnet.

disco in carbonio Brembo  

 
sistema frenante disco ghisa e pinza Brembo  

Bei den GT (GTE und GTE-Pro) Fahrzeugen verbietet hingegen das Reglement ausdrücklich die Verwendung von Bremsscheiben aus Carbon, aus diesem Grund liefert Brembo für diese Fahrzeuge Verbundscheiben mit Reibring aus Gusseisen und Bremstopf aus Aluminium. Hier können die Teams aus verschiedenen “Schlitzarten” der Brembo Bremsbänder wählen, um den besten Kompromiss zwischen “Biss” beim Bremsen und langer Haltbarkeit von Scheiben und Belägen zu finden. Der Durchmesser der Bremsscheiben variiert sehr zwischen Vorder- und Hinterachse und auch bei der Wahl der einzelnen Teams. In Bezug auf die Abmessungen der Brembo Bremsscheiben sind die Unterschiede zwischen den 4 Klassen erheblich. Betrachten wir sie in der folgenden Tabelle.


 
LMP1​LMP2GTE-ProGTE-Am
Vorderer Scheibendurchm.320-370 mm370 mm380-390 mm380-390 mm
Hinterer Scheibendurchm​320-350 mm
345 mm
332-355 mm
332-355 mm
Scheibendicke30-32 mm32 mm35-32 mm​35-32 mm
ScheibenmaterialCarbon
Carbon
Gusseisen
Gusseisen
Befestigung“Spline”“mit Buchsen” “mit Zähnen”​“mit Zähnen”

 

Die Betriebstemperatur, die unbekannte Größe für die Bremsscheiben

Unterschiedlich hingegen sind die Gefahren oder Probleme, mit denen die Prototypen und die GT je nach Material der Bremsscheiben konfrontiert sind. Bei den Carbon-Scheiben ist die Betriebstemperatur der Scheiben die größte Unbekannte, sie darf nie unter 350 Grad absinken, eine Möglichkeit, die gar nicht so unwahrscheinlich ist, vor allem auf den langen Geraden und bei widrigen Witterungsbedingungen. In diesem Fall können die Probleme durch zu starke Abkühlung und die sogenannte “Verglasung” des Reibmaterials nicht nur die Wirksamkeit der Bremsung beeinträchtigen, sondern auch einen zu starken und frühzeitigen Verschleiß der Bremsscheibe bewirken.


 
 
 

Um diesen Problemen entgegenzuwirken, stellt Brembo den Teams ein Reibmaterial für Scheiben und Beläge zur Verfügung, das sich nicht nur in äußerst geringem Ausmaß abnutzt sondern sich auch durch eine wirksamere Wärmeleitfähigkeit auszeichnet. Dieses Reibmaterial garantiert ausgezeichnete Aufwärmzeiten, das heißt rasches Erreichen der wirksamsten Betriebstemperatur, eine große Bandbreite sowohl hinsichtlich Druck als auch in puncto Temperatur und eine sehr lineare Reaktion auf Reibung.

Alles Eigenschaften, die dem Fahrer das perfekte Modulieren der Bremsanlage ermöglichen. Die unglaublich geringe Abnutzung ermöglicht es zudem die Leistungsstärke unverändert und wiederholbar von Anfang bis Ende beizubehalten. Die Bremsscheiben aus Gusseisen erfordern hingegen keine Mindestbetriebstemperaturen und sind daher auch bei niedrigen Temperaturen sofort voll wirksam. Aber Gusseisen ist ein Material, das besonders sensibel auf Temperaturschocks reagiert, deshalb ist die größte Gefahr bei den Gusseisenscheiben, dass sich durch das ständige Auf und Ab zwischen den niedrigen Temperaturen der Scheiben auf den Geraden und den abrupten Bremsmanövern Risse bilden.


 
pinza gt argento Brembo  

Verschiedene Materialien für die Bremssättel

Ein weiterer Unterschied besteht im Material aus dem die Brembo Bremssättel gefertigt sind, die die meisten teilnehmenden Fahrzeuge verwenden.

Es handelt sich bei allen um Monoblock-Sättel, das heißt, sie sind aus dem Vollen gearbeitet, aus einem Materialblock oder einem Guss.

Neben den verschiedenen Geometrien, die von den Teams gewählt werden, für die die Form des Sattelkörpers immer auf ein optimales Masse/Steifigkeitsverhältnis ausgelegt wird, sind die wichtigsten Unterschiede unter den verschiedenen Klassen vorwiegend das verwendete Material und die Oberflächenbehandlung.


 

Mit bloßem Auge betrifft der Hauptunterschied die Oberflächenbehandlung: die Sättel der LMP1 Prototypen zeichnen sich durch eine Nickelbeschichtung aus, die Sättel der Kategorien LMP2 und GTE haben hingegen eine oxidierte Oberfläche. Mit bloßem Auge nicht sichtbar hingegen ist das Material, aus dem die Bremssättel gefertigt sind und das zwischen LMP1 und LMP2/GTE divergiert.

Für die LMP2 und für die GTE liefert Brembo Bremssättel aus leichter Aluminiumlegierung, die LMP1 sind anspruchsvoller und verwenden Brembo Bremssättel aus einer speziellen Aluminium/Lithiumlegierung, die ein wesentlich besseres Gewichts-/Steifigkeitsverhältnis aufweisen als die bei den LMP2 und GTE verwendeten Aluminiumbremssättel. Brembo wird die meisten Fahrzeugen in allen Klassen ausrüsten, um zu versuchen das Triple der letzten Jahre zu wiederholen oder sogar zu verbessern: im letzten Jahr verwendeten die Siegerfahrzeuge der Kategorien LMP1, LMP2 und GTE-Am Brembo Bremsanlagen, so wie 2014 als die LMP1, GTE-Pro und GTE-Am mit Brembo triumphierten.