Wie Brembo die Bremsen für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans revolutioniert hat

16.06.2016

 Von Carbon- zu Aluminium-Lithium-Sätteln, „spline“-Verankerungen und generell immer kleinere Teile: auch die Bremsen verhelfen dazu, immer schneller zu fahren

Brembo blickt nicht nur auf eine vierzigjährige Erfahrung in der Formel 1 zurück, sondern auch auf eine langjährige Präsenz bei den Langstreckenrennen, vor allem beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans: eine erfolgsgekrönte Erfahrung, wie die 25 Siege in den letzten 28 Rennen, die mit Brembo Bremsen eingefahren wurden, eindrucksvoll beweisen.
In den letzten Jahren gab es große, technische Veränderungen bei den Fahrzeugen (denken wir nur an die Entwicklung der Motoren von Benzin über Diesel bis hin zum Hybridmotor) und auch die Bremsen wurden ständig weiterentwickelt.
Früher war die beste Bremse die, die die besten Bremsergebnisse lieferte. Heutzutage haben Bremsen darüber hinaus einen starken Einfluss auf die Längsbeschleunigung und die Querbeschleunigung in der Kurve, und zwar weil man bei den ungefederten Massen immer mehr an Größe und Masse einsparen kann; dabei dürfen natürlich bei Verlässlichkeit und Haltbarkeit keine Abstriche gemacht werden.

 

 

Längere Nutzungsdauer der Scheiben

Die in den letzten Jahren von Brembo eingeführten Innovationen haben den Charakter der Bremssysteme der LMP1-Wagen komplett verändert und beziehen alle Bremskomponenten ein. Der größte Erfolg der letzten Jahre lag bei den Carbon-Scheiben für die Langstreckenrennen sicherlich darin, dass die Abnutzung stark verringert werden konnte und dementsprechend die Teile eine viel längere Haltbarkeit aufweisen. Bei einem Rennen über 24 Stunden kann es gewinnentscheidend sein, ob man die Bremsscheiben während des Rennens tauschen muss oder nicht, da wertvolle Zeit eingespart werden kann.

 

audi R8 auto le mans 

 

Die Einführung neuer Reibmaterialien brachte wichtige Verbesserungen im Bereich der Abnutzung und einer effizienteren Wärmeleitfähigkeit, sodass es dem Team Joest auf einem Audi R8 mit den Fahrern Frank Biela, Emanuele Pirro und Tom Kristensen dank Brembo bereits im Jahr 2001 erstmals möglich war, die Beläge und Scheiben während des Rennens nicht auszutauschen. Das Team beendete das Rennen als Sieger. Die Einführung neuer Reibmaterialien brachte wichtige Verbesserungen im Bereich der Abnutzung und einer effizienteren Wärmeleitfähigkeit, sodass es dem Team Joest auf einem Audi R8 mit den Fahrern Frank Biela, Emanuele Pirro und Tom Kristensen dank Brembo bereits im Jahr 2001 erstmals möglich war, die Beläge und Scheiben während des Rennens nicht auszutauschen. Das Team beendete das Rennen als Sieger.


 
 

Verringerung des Bremssattelgewichts

In Bezug auf die Bremssättel betraf die wichtigste Weiterentwicklung bei Brembo die Optimierung des Gewichts-/Steifigkeitsverhältnisses um eine hohe Steifigkeit und ein möglichst leichtes Gewicht des Bremssattelkörpers zu gewährleisten, ohne die Zuverlässigkeit zu beeinträchtigen.

Nach einer sorgfältigen Studie führte Brembo 2006 die Monoblock-Bremssättel aus Aluminium/Lithium ein, eine bedeutende Entwicklung bei Gewicht und Steifigkeit im Vergleich zu den Bremssätteln aus Aluminium, die bis zu jenem Zeitpunkt verwendet wurden. Aus dem Vollen gearbeitet sind sie die optimale Lösung für die an den Langstreckenrennen teilnehmenden Boliden.


 
 


Optimierung der Befestigung zwischen Glocke und Bremsband


Bei den Bremssätteln betrifft die wichtigste Weiterentwicklung von Brembo die Optimierung des Verhältnisses zwischen Gewicht und Steifigkeit - beste Steifigkeit bei möglichst geringem Gewicht - ohne dabei die Zuverlässigkeit zu kompromittieren. Nach einer langen, intensiven Entwicklungszeit wurden 2006 die ersten Monoblock-Bremssättel aus Aluminium/Lithium eingeführt, eine wichtige Verbesserung bei Gewicht und Steifigkeit im Vergleich zu den bisher verwendeten Aluminium-Sätteln. Aus dem Vollen gefräst waren diese Teile eine optimale Lösung für die Einsitzer, die bei den Langstreckenrennen zum Einsatz kommen. Eine weitere Innovation, die von Brembo eingeführt wurde, betrifft die Anbindung des Reibrings an den Bremstopf. Statt der bis vor etwa 10 Jahren bei den LMP1 (und bei den LMP2 aus Kostengründen immer noch) verwendeten Gleitelemente werden seit 2008 sogenannte „spline“ verwendet. Dabei handelt es sich um eine Lösung, die aus der Formel 1 übernommen wurde, bei der die Reibfläche direkt am aus Titan gefertigten Topf angeschlossen ist, ohne dass Teile (wie die Gleitelemente) dazwischen sind. Sowohl die Gewichtsersparnis als auch die bessere Übertragung des Bremsmoments bringen große Vorteile. Darüber hinaus war die Luftkühlung der Bremsen bis dahin stark eingeschränkt, da die Gleitelemente die Luftzufuhr stark behinderten, während dies mit den „spline“, einer Art Verzahnung, nicht mehr passiert, weil die Luft besser in das Innere der Bremsscheibe strömen kann.


 

Geringere Dicke bei Scheiben und Belägen

In letzter Zeit konzentrierte Brembo seine Aufmerksamkeit auf die Optimierung der Scheiben- und Belagsgröße, um die ungefederten Massen auf ein Minimum zu reduzieren: die Bremsscheiben, die noch vor 10 Jahren 35mm stark waren, erreichen heute nur noch 30-32mm. Auch die Belagsstärke ist von 31,5mm auf maximal 26mm gesunken. Das scheint vielleicht nicht so viel, für die LMP1 Prototypen bedeutet aber jede Gewichtsersparnis, wenn auch nur von einem Kilo, eine Zeitersparnis von ein paar Zehntelsekunden. Für die GT Fahrzeuge (GTE und GTE-pro) ist der Einsatz von Carbon-Scheiben per Reglement ausdrücklich verboten. Aus diesem Grund bietet Brembo für diese Fahrzeuge zusammengesetzte Bremsscheiben mit Reibflächen aus Guss und dem Topf aus Aluminium. Zumindest vom Material her sind diese Bremsscheiben also denen, die wir in unseren Straßenfahrzeugen verwenden, wesentlich ähnlicher. Die Teams können in diesem Fall bei Brembo zwischen unterschiedlich gerillten Bremsflächen wählen, um den für sie besten Kompromiss zwischen „Biss“ beim Bremsen und Haltbarkeit der Scheiben und Beläge zu wählen.

 

 

Der Bremsscheibendurchmesser variiert sehr stark, sowohl zwischen den vorderen und hinteren Scheiben als auch je nach den Fahrzeugeinstellungen, die die einzelnen Teams wählen. Brembo liefert auch vielen Teams Monoblock-Bremssättel für ihre GT Fahrzeuge, also solche, die entweder aus einem einzigen Materialstück oder aus einem speziell für Langstreckenrennen hergestellten Schmiedeteil gefräst werden. Sehen wir uns die Fahrzeuge der Kategorie GT noch einmal genauer an: es handelt sich um Sportwagen wie Porsche, Ferrari, Aston Martin, Corvette oder Dodge, die fast alle auch in der Straßenversion mit Brembo Bremssystemen ausgestattet sind. Das bringt für Brembo eine ganz besondere Herausforderung, weil einerseits die Leistung eines Original-Brembo-Bremssystems noch weiter verbessert werden muss und es sich andererseits dabei um Fahrzeuge handelt, die aus Serienfahrzeugen abgeleitet wurden, und bei denen für die GT-Modelle entwickelte Neuerungen später auch in die Serienfertigung der Straßenfahrzeuge Eingang finden könnten. Groß war die Freude letztes Jahr, als 50 Jahre nach dem 1. Sieg 1966 Ford in der Kategorie GTE mit einer Brembo Bremsanlage, mit der wichtige Sekunden eingespart werden konnten, siegte und gleichzeitig ein Ferrari 458 Italia die Kategorie GTE Am für sich entscheiden konnte.