Welche sind die härtesten Rennstrecken für die Bremsen?

13.04.2016

 Brembos Prognosen der für die Bremsen anspruchsvollsten Formel-1 Rennstrecken 2016

Die Formel-1 WM Saison 2016 hat gerade begonnen und Brembo versucht einige Prognosen zur Beanspruchung der Bremsen der Boliden auf den 19 verbleibenden Strecken der WM zu machen.

 

Die Formel 1 WM-Strecken 2016 sind in Bezug auf die Beanspruchung für die Bremsanlage vollkommen unterschiedlich. Die Palette reicht von langsamen und kurvenreichen Strecken, wie die Stadtkurse, bis zu schnellen Strecken mit sehr hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten.


 

Die härtesten Strecken aus thermischer Sicht


 

Um unsere Prognosen objektiver zu machen, haben wir versucht, pro Rennstrecke, einige "historische" Indikatoren, die für die Bremsanlage ziemlich wichtig sind, zu kreuzen: den Prozentsatz der Rennzeit, der zum Bremsen aufgewendet wird (Vertikalachse) und die durchschnittliche Bremsleistung.

 

Der erste Wert gibt an, wie viel Zeit während des gesamten GP zum Bremsen verwendet wurde, der zweite Indikator gibt Einblick in die durchschnittliche Intensität der Bremsungen beim selben GP. Die durch Kreuzen der beiden Indikatoren entstandene Grafik bringt vor allem den thermischen Aspekt bei der Verwendung der Bremsen zum Ausdruck.

 

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In den beiden oberen Quadranten finden wir Strecken, die für die Kühlung der Bremsen ziemlich anspruchsvoll sind. In der linken oberen Ecke der Grafik finden wir die langsamen Strecken, die sich durch eine hohe aerodynamische Last und mit hohen Prozentsätzen bei den Bremszeiten aber mit nicht besonders heftigen Bremsmanövern auszeichnen. Auch bei Bremsungen, die im Schnitt nicht heftig sind, werden die Bremsen aufgrund der Temperaturen, die von den Bremssätteln und der Bremsflüssigkeit erreicht werden, äußerst stark beansprucht.

 

Im rechten oberen Quadranten werden die Strecken schneller und benötigen Fahrzeuge, die weniger aerodynamisch belastet sind. Zu Beginn finden wir Strecken wie Montreal und Sakhir, die schnelle gerade Abschnitte aber auch solche mit scharfen und rasch aufeinander folgenden Kurven aufweisen, die ebenso anspruchsvoll für die Bremsanlagen sind, da sie sich durch einen hohen Prozentsatz an Bremszeit (wenn auch deutlich niedriger als in Montecarlo, Singapur, Mexiko und Abu Dhabi) und im Schnitt sehr heftige Bremsmanöver auszeichnen.

 

Unten links finden wir hingegen die tendenziell eher wenig anspruchsvollen Strecken für die Bremsen, wie Interlagos und Suzuka, die durch schnelle Kurven und wenig heftige Bremsmanöver gekennzeichnet sind. Im rechten unteren Quadranten sind schließlich schnelle Strecken, mit sehr heftigen, aber eher seltenen Bremsungen angeführt.

 

Von einigen Ausnahmen abgesehen (beispielsweise Monza, eine Strecke, die zu den anspruchsvollsten für die Bremsanlagen der Boliden zählt) handelt es sich um mittelmäßig belastende Strecken für die Bremsen, da den schnellen Kurven mit negativen Beschleunigungen bis zu 5g sehr lange Geraden vorangehen, auf denen das Reibmaterial ausreichend abkühlen kann.

 

 

Die härtesten Strecken aus Sicht der Belastung für die Bremsen

 

Auch wenn man durch die obige Grafik bereits eine Vorstellung von den anspruchsvollsten Strecken für die Bremsen gewinnt, und die Gründe erfährt, die aus thermischer Sicht ein Problem für die Bremsanlagen darstellen, muss berücksichtigt werden, dass sich eine Strecke auch rein aus der Perspektive des Energieaufwands negativ auf die Bremsen auswirken kann, indem man sich also mehr auf die Heftigkeit der einzelnen Bremsmanöver und die entsprechende Belastung für die Bremsen konzentriert.

 

Um unsere Analyse zu bereichern, haben wir versucht für jede Strecke weitere zwei Indikatoren zu kreuzen, die gesamte Bremsenergie, die ein Bolide während eines GP verbraucht (gemessen in kWh, an der Vertikalachse) und die mittlere negative Beschleunigung bei den Bremsungen eines GPs (gemessen in G, an der Horizontalachse).

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In dieser Grafik sind es hingegen die äußerst rechten Quadranten, die die Strecken mit den heftigsten g-Kräften anzeigen. Kanada, Österreich und Italien erweisen sich als Strecken mit den stärksten negativen Beschleunigungen, die im Schnitt über 4g betragen. In den unteren Quadranten werden hingegen einige Strecken angezeigt, die sich durch geringen Energieaufwand und geringe Bremsleistung auszeichnen, wie Suzuka, Silverstone und Spa (diese befinden sich unten rechts). Auf diesen Strecken können bei widrigen Witterungsverhältnissen, angesichts der geringen Energie, die im Spiel ist, Probleme in Zusammenhang mit zu starker Kühlung und der sogenannten "Verglasung" (glazing) des Reibmaterials auftreten.

 

Der Kohlenstoff, aus dem Scheiben und Beläge gefertigt sind, garantiert nämlich bei niedrigen Betriebstemperaturen nicht die richtige Reibung und beeinträchtigt dadurch die Bremsleistung. Im linken oberen Quadranten sind hingegen die in Bezug auf die Intensität der Bremsungen wenig anspruchsvollen Strecken eingezeichnet, die aber wegen des Energieaufwands der Boliden beim Bremsen während des GPs keinesfalls unterschätzt werden dürfen.


 

Die härtesten Strecken aus Sicht der Brembo Techniker

 

Die zweite Grafik ergibt ein Bild, das sich teilweise von der ersten Grafik unterscheidet. Dennoch hängt die Schwierigkeit einer Strecke für die Bremsanlage neben quantitativen Indikatoren, wie die oben dargestellten, auch von Faktoren ab, die schwer messbar sind. Neben dem Grip, der aerodynamischen Last, den Witterungsbedingungen (hohe Umgebungstemperaturen erhöhen beispielsweise den mechanischen Grip und erschweren das Abführen der beim Bremsen erzeugten Energie), der Häufigkeit und Intensität der Bremsungen spielen vor allem die Anordnung und Abfolge der Bremsungen eine entscheidende Rolle, um den Schwierigkeitsgrad einer Strecke für die Bremsanlage zu bestimmen.

 

Bei gleichen Bedingungen erhöht nämlich der Umstand, dass die Bremsungen in kurzem Abstand aufeinander folgen den Schwierigkeitsgrad für die Bremsanlagen beachtlich, da sie sich auf den kurzen Geraden nicht ausreichend abkühlen können. Variable, die nicht leicht zu quantifizieren sind, wenn jemand wenig Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Aber nicht für die Brembo Techniker, die seit über 40 Jahren die Formel-1 Strecken berechnen und sich ständig mit den wichtigsten Rennställen austauschen. Durch ihr Feingespür entsteht eine Abstufung, die teilweise von den reinen Zahlen abweicht.

 

Jeder Strecke haben die für die Formel-1 zuständigen Brembo Techniker eine Note zwischen 1 und 10 zugeordnet, um anzuzeigen wie viel die einzelnen Strecken den Bremsen abverlangen. Sieben Strecken fallen in die höchste Kategorie mit Noten zwischen 8 (Monza und Sotschi) und 10 (Montreal und Abu Dhabi). Die letzten beiden sind vermutlich auch in der Saison 2016 die härtesten wegen der vielen energieverschlingenden Kurven in kurzem Abstand zueinander: Das macht sie zu einer sehr harten Prüfbank für alle Komponenten der Bremsanlage, die ständig durch die hohe Energie und die hohen Temperaturen unter Stress stehen.

 

In die Zwischenkategorie (Werte von 5 bis 7) fallen 10 mittelmäßig anspruchsvolle Strecken, die aber nicht unterschätzt werden dürfen, wie Monaco, Hungaroring oder Melbourne (in diese Gruppe fällt vermutlich auch die neue Strecke in Baku, die dieses Jahr in der Formel-1 debütiert). Auf diesen Kursen wird es erforderlich sein, der Temperatursteuerung am Rennwochenende besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, um eine Überhitzung der Anlage und die Dampfblasenbildung zu vermeiden.

 

Zu den leichten Strecken zählen auch 2016 oft befahrene, wie Spa und Suzuka (Note 4), Interlagos und Silverstone (3). In diesen schnellen Kurven werden die Bremsen im Allgemeinen wenig beansprucht, es können sich aber Probleme im Zusammenhang mit zu starker Kühlung und der sogenannten Verglasung des Reibmaterials einstellen.

 

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