Unsere ist eine “ungebremste Liebe”, bei der es aber trotzdem ums Bremsen geht, und wie. Nichts und niemand konnte uns trennen. Wir haben gute und weniger gute Zeiten erlebt, waren uns dabei aber immer nah, so nah wie die Finger an der Bremse sind, könnte man sagen.
Du hast in den Motorrad-Weltmeisterschaften praktisch alle Rekorde gebrochen, mit nur ganz wenigen Ausnahmen: 383 gefahrene Grand Prix, 89 Siege in der Königsklasse (115 Siege gesamt), 232 Podiumsplätze in allen Klassen (davon 196 in der 500er MotoGP) und insgesamt mehr als 6.000 Punkte erreicht. Unglaubliche Zahlen, die ohne ein ganz außergewöhnliches Talent und den unendlichen Willen, sich ständig, Tag für Tag, zu verbessern, nicht erreichbar sind. Und genau so ist auch unsere Philosophie.
Wir haben nachgerechnet und festgestellt, dass du unsere Bremskraft allein in den Rennen der Weltmeisterschaft fast 100.000 Mal eingesetzt hast. Wenn wir auch Trainingsläufe, Qualifikationen und Warm-Up-Runden berücksichtigen, wurde noch viel mehr von uns strapaziert: mehr als 400 vordere Bremsscheiben, fast 900 Bremsbeläge und mehr als 250 Liter Bremsflüssigkeit – nur unsere Beziehung hat sich dabei nicht abgenutzt.
Im Laufe der Zeit ändern wir uns alle, unser Glück war, dass wir uns gemeinsam mit dir verändert haben. Als du 1998 in die 250er Klasse kamst, nachdem du die 125er Weltmeisterschaft mit dem bis heute ungeschlagenen Rekord von 11 von 15 Siegen gewonnen hattest, warst du einer der ersten, der unser neuestes Modell, den Bremssattel mit radialer Anbindung, einsetzte.
Heute wird dieses Modell auch in die Serienmaschinen eingebaut, damals aber war es eine revolutionäre Neuheit. Du hast dich mit diesem Sattel sofort angefreundet, du wusstest (und weißt) ja, dass du dich auf uns verlassen kannst: wir haben immer alles getan, damit du dich wohl fühlst. Das konntest du spätestens beim GP von Japan 1998 merken. Es war kein Zufall, dass du schon bei deinem dritten Rennen in der 250er auf Podium kamst. Und ab diesem Zeitpunkt hast du nicht mehr aufgehört, Bremssättel mit radialer Anbindung zu verwenden.
Auch 2017 waren wir bei dir und unterstützten dich dabei, nur 23 Tage nach deinem Knochenbruch von Schien- und Wadenbein wieder auf die Rennstrecke zu kommen. Mit der Daumenbremspumpe halfen wir dir dabei, dein rechtes Bein zu schonen, so wie wir es seinerzeit auch schon für Mick Doohan gemacht hatte.
Natürlich war nicht immer alles eitel Wonne. Als du z.B. 2004 Sete Gibernau mit einem Wahnsinnsbremsmanöver abhängen konntest und danach im Interview sagtest, du hättest „mit den Händen, Füßen und den Ohren gebremst“, dabei aber uns zu erwähnen vergessen hast. Wir haben es aber sportlich genommen und dir verziehen.