Schmiederäder: vom Rennsport zu den Serienmotorrädern

15.02.2016

 Schmiederäder resultieren aus einer ausgeklügelten Technologie

 

Schmiederäder resultieren aus einer ausgeklügelten Technologie, die sie leicht und zugleich robust macht.Dieses Produkt wird im Rennsport oft verwendet, es ist aber auch als Upgrade für die besten Hochleistungs-Seriensportmotorräder geeignet.


Jahrelang waren Straßen- und Rennmotorräder konstant mit im Gussverfahren erzeugten Speichenrädern ausgestattet. Die einzigen Ausnahmen bestanden, wie heute, in Modellen, die aus ästhetischen Gründen mit Rädern mit Drahtspeichen ausgestattet waren, (Custom, Oldstyle, einige Naked) oder zumindest teilweise für Geländefahrten verwendet wurden.


Durch die Weiterentwicklung, mit der man ein geringeres Gewicht bezweckte, entstanden sehr hochwertige Produkte mit Speichen und Hohlnaben.Räder sind ungefederte Massen und deshalb ist eine Verringerung ihres Gewichts stets vorteilhaft für das Verhalten des Motorrads und für die Arbeitsbedingungen der Federung.


 
 


Das ist aber nicht der einzige Grund, warum Räder sich drehen, und das hat wichtige Konsequenzen. Zunächst einmal ist das Beschleunigen von rotierenden Teilen nicht gleichzusetzen mit dem Beschleunigen von nicht rotierenden Teilen.

 

Zur Veränderung der linearen Geschwindigkeit (des Motorrads und daher der Achsen auf denen die Räder montiert sind) kommt nämlich noch die Veränderung der Rotationsgeschwindigkeit hinzu.

 

Wie sehr ein Körper den Veränderungen der Geschwindigkeit, mit der er sich dreht, standhält, sagt uns sein Trägheitsmoment, das nicht nur mit der Masse sondern auch mit dem Quadrat des Rotationsradius in Zusammenhang steht.

 

Je kleiner das Trägheitsmoment, desto schneller kann das Rad bei gleicher Motorleistung "auf Touren kommen".


 

Hier kommt auch die Anordnung des Materials ins Spiel. Bei gleichem Durchmesser ist nämlich die Wirkung jenes Rades größer, das sich weiter von der Achse entfernt befindet, d. h. auf Höhe der Felge.Von zwei Rädern mit gleichem Gewicht und Größe ist jenes mit einem geringeren Trägheitsmoment im Vorteil.

 

Ebenso ist der gyroskopische Effekt zu berücksichtigen, der nicht nur mit dem Trägheitsmoment sondern auch mit der Geschwindigkeit der Räder in Zusammenhang steht.

 

Besonders wichtig in diesem Fall sind die Kräfte, die sich den Neigungsänderungen des Motorrads widersetzen.

 

Auch in diesem Fall ist ein geringeres Trägheitsmoment vorteilhaft; das Motorrad ist dadurch nämlich wendiger und spricht bei Richtungsänderungen schneller an.

 

 

Weg mit dem Gewicht wo es nicht gebraucht wird

 

Die Räder müssen daher robust und gleichzeitig leichtgewichtig sein, mit möglichst wenig Material ganz außen, um ein geringes Trägheitsmoment zu haben.In diesem Zusammenhang kommen der Struktur und der Dichtheit des Materials große Bedeutung zu. Seit nunmehr vielen Jahren bestehen Räder für den Rennsport aus Magnesiumlegierung (Dichte 1,8 kg/dm3) und Räder für die Serienproduktion fast immer aus Aluminiumlegierung (2,7 kg/dm3).

 

Das Design des Rades und die Dimensionierung seiner Bestandteile (Nabe, Speichen und Felge) hängen stark von den mechanischen Eigenschaften des verwendeten Materials ab:je höherwertig diese sind, desto geringer können die Querschnitte und daher auch das Gewicht sein.

 

 

 

 

Große Bedeutung kommt daher der Legierungsart und der Wärmebehandlung, der diese unterzogen werden kann, zu. Noch wichtiger ist jedoch der Wechsel zu einem Produktionsverfahren, das die Möglichkeit bietet, dem Material bessere Eigenschaften zukommen zu lassen als jene, die im Gussverfahren erzielt werden.

 

Es handelt sich um das Schmiedeverfahren, bei dem das Metall in einer Form mit Hilfe einer Presse verformt wird, nachdem es auf hohe Temperatur gebracht wurde, um es entsprechend plastisch zu machen.

 

Auf diese Weise erhält man einen Rohling , der aus einem unporösen Material mit einem feinkörnigen, gleichmäßigen kristallinen Gefüge besteht.

 

Zudem können die Fasern vorteilhaft ausgerichtet sein.

 

 

Die Schmiedekunst


Seit über 15 Jahren werden die Marchesini Räder ( Marchesini ist die marktführende Marke der Brembo Gruppe im Bereich Planung, Herstellung und Vermarktung von Leichtmetallrädern für Rennmotorräder und Straßenmaschinen) sowohl für Rennmotorräder als auch für die Hochleistungs-Straßenmodelle ausschließlich im Schmiedeverfahren produziert. 


 In den letzten 5 Jahren haben die mit Marchesini Schmiederäder ausgestatteten Motorräder 4 Mal die Moto GP-WM und 4 Mal die Superbike-WM gewonnen.

 

Die in verschiedenen Größen und mit unterschiedlichem Design erhältlichen Räder werden sowohl in Aluminiumlegierung als auch in Magnesiumlegierung hergestellt, wobei letztere seit geraumer Zeit die Motorrad GP-Szene (2015 verwendeten 14 Fahrer der MotoGP aus Magnesium geschmiedete Marchesini Räder) und die Superbike-WM beherrschen.

 

 

 
 

Für die Planung wird auf modernste Simulationstechniken und Computerberechnungen zurückgegriffen. Dazu werden die bereitgestellten Daten der Reifen- und Motorradhersteller sowie jene Daten verwendet, die mit hochtechnischen Systemen gemessen wurden, wobei auf extensometrische Techniken und die Messung des übertragenen Drehmoments zurückgegriffen wird und die Räder mit entsprechenden Instrumenten ausgestattet werden.Zahlreiche Informationen, die aus diesen Techniken gewonnen werden, werden dann den Technikern der Motorradhersteller und ihren Teams, mit denen eine intensive Zusammenarbeit besteht, zur Verfügung gestellt.


Auf großes Interesse scheint die jüngste Herstellung von Rädern für den Rennsport zu stoßen, die in der Nabe mit einem Sensor ausgestattet sind, der ihre Umdrehungen zählt;auf diese Weise wissen die Marchesini Techniker genau, wann sich das Ende ihrer Nutzungszeit nähert.


Der Fertigungsprozess beginnt mit der Herstellung der Rohlinge, dabei wird auf ein besonders hoch entwickeltes Verfahren mit der Bezeichnung Multiforging zurückgegriffen, das aus einem multidirektionalem Schmiedeverfahren unter Einsatz mehrerer Pressen besteht, die gleichzeitig auf verschiedene Teile einer Form einwirken.


 

Nach der Wärmebehandlung sind die Bearbeitungen an der Reihe, die mit modernsten CNC-gesteuerten Werkzeugmaschinen im Werk in Curno durchgeführt werden.


Aus den geschmiedeten Rohlingen werden nach dem Drehen und Fräsen, Bearbeitungen, bei denen eine ansehnliche Menge an Material entfernt wird, fertige Räder. Im Laufe der verschiedenen Phasen des Verfahrens werden Kontrollen an der Maschine durchgeführt.

 

Nach Beendigung des Verfahrens werden Kontrollen mit eindringenden Flüssigkeiten durchgeführt (um eventuell vorhandene Haarrisse zu erkennen), denen alle erzeugten Räder unterzogen werden.Bei den Rädern aus Magnesiumlegierung folgt eine Behandlung, die eine dünne Schicht Oberflächenumwandlung bildet, um einen hervorragenden Korrosionsschutz zu gewährleisten.

 

 

Nach dem Lackieren wird der Kanal mit einer rutschfesten Beschichtung ausgestattet, damit der auf der Felge gleitende Reifen bei kritischen Bedingungen, wie maximalen Beschleunigungen und Bremsungen, nicht verrutschen kann.

 

An den Rädern werden noch die Lager (die bei den Motorrädern für die Moto2 und Moto3-WM mit Kugeln aus keramischem Material gefertigt sind) und die Abstandhalter angebracht. Fast alle Hinterräder werden vor der Einlagerung mit Gummipuffern ausgestattet.